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Land:Deutschland
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Der zirkadiane Rhythmus und seine möglichen Einflüsse auf die Darmmotilität


EFSM: 2022;2:220145DOI: 10.52778/efsm.22.0145Veröffentlicht am: 12.09.2022
Robert Lange und Sabine Landes

Das gastrointestinale System unterliegt zirkadianen Aktivitätsschwankungen, die von zentralen und peripheren Mechanismen gesteuert werden. Die Störung dieser Rhythmen kann mit Symptomen wie Obstipation einhergehen. Stimulierende Laxantien wie Bisacodyl können nachweislich synchronisierend auf zirkadiane Schwankungen des Colons wirken und auf diese Weise dazu beitragen, den physiologischen Darmrhythmus wiederherzustellen.

Zirkadiane Rhythmen bewirken, dass wir zu bestimmten Zeiten ins Bett gehen und wieder aufstehen. Sie steuern ferner fundamentale biologische Prozesse wie die Tagesschwankungen des Blutdrucks und des Atemwegswiderstands. Derartige Rhythmen haben auch erhebliche therapeutische Auswirkungen wie beispielsweise die Empfehlung, orale Glucocorticoide frühmorgens einzunehmen, um dem endogenen Cortison-Peak zu entsprechen. Jeder, der sich schon einmal auf einem Langstreckenflug über mehrere Zeitzonen befunden hat, hat vielleicht einen Jetlag als klassisches Symptom einer zirkadianen Rhythmusstörung oder eine Obstipation in den ersten Tagen nach der Ankunft erlebt. Diese wird auch als „Reiseobstipation“ [3] bezeichnet und zeigt beispielhaft, wie zirkadiane Rhythmen gastrointestinale (GI) Funktionen beeinflussen können. In einem aktuellen systematischen Review wird dargelegt, wie eine Störung von zirkadianen Rhythmen GI-Funktionen und die zugrunde liegenden Mechanismen beeinflussen und sich auf pathologische Veränderungen wie eine Obstipation und das Reizdarmsyndrom auswirken kann [1].

Zirkadiane Rhythmen des Darms werden durch sich gegenseitig beeinflussende zentrale und periphere Uhren gesteuert: den Nucleus suprachiasmaticus (SCN) als zentralen zirkadianen Schrittmacher und organspezifische periphere Uhren. Der SCN setzt anhand von Lichtsignalen sich selbst (Abb. 1) und die Uhren der peripheren Organe zurück und beeinflusst folglich die zirkadianen Expressionsmuster bestimmter Gene, die beispielsweise die Darmfunktion steuern. Darüber hinaus wird das GI-System durch lokale Auslöser wie die Nährstoffverfügbarkeit oder Verhaltensfaktoren wie den Schlaf-Wach-Rhythmus beeinflusst (Abb. 1) [1, 2]. Der SCN und periphere molekulare Kernuhren pendeln im 24-Stunden-Rhythmus und sind für die periodische Aktivität verschiedener Abschnitte sowie die Passage entlang des GI-Trakts verantwortlich. Das morgendliche Aufwachen, Mahlzeiten bzw. Hormone wie Motilin, Ghrelin, Gastrin oder Serotonin können die Darmmotilität anregen, wohingegen bekannt ist, dass Schlaf propagierende und nicht-propagierende Kontraktionen stark hemmt [1]. Somit befindet sich der GI-Trakt nachts in einem Ruhestadium. Er wird beim Erwachen schnell aktiviert und zeigt über den gesamten Tag eine erhöhte Aktivität. Bei einer Desynchronisation der inneren Uhren kann die Darmfunktion negativ beeinflusst werden. Beispielsweise wird während des Ramadan-Fastens mit einer Verschiebung zum nächtlichen Essen – wenn sich der Darm also im Ruhezustand befindet – eine Zunahme von Obstipationen beobachtet [1].

Ein gestörter zirkadianer Rhythmus kann zu GI-Störungen wie beispielsweise der „Reiseobstipation“ beitragen und auch die wesentlich größere Gruppe der Menschen betreffen, die regelmäßig in der Nachtschicht tätig sind. Darüber hinaus wurde diskutiert, dass ein gestörter zirkadianer Rhythmus bei der Obstipation im Zusammenhang mit dem Reizdarmsyndrom (IBS) und neurodegenerativen Erkrankungen eine Rolle spielt. Dies wirft die Frage auf, inwieweit zirkadiane Rhythmen durch therapeutische Maßnahmen zur Förderung der GI-Funktion eingesetzt werden können. Theoretisch kann dies durch eine direkte Beeinflussung des zirkadianen Rhythmus wie beispielsweise durch die Gabe von Melatonin erreicht werden. Einige Studien weisen darauf hin, dass bestimmte Melatonin-Dosierungen sich positiv auf entzündliche Darmerkrankungen auswirken [1]. Ein weiterer Ansatz ist die orale Anwendung von Laxanzien, die bei obstipierten Patienten den morgendlichen Stuhlgang erleichtern. Dies trägt zur Normalisierung des gestörten zirkadianen Rhythmus des Darms bei. Laut verschiedenen Studien [1] tragen stimulierende Laxanzien, die synchronisierend auf den zirkadianen Rhythmus wirken, dazu bei, die natürliche zirkadiane Darmfunktion wiederherzustellen. Abends eingenommenes Bisacodyl ahmt den natürlichen zirkadianen Rhythmus nach und führt durch die Förderung von Peristaltik und Flüssigkeitssekretion im Darm zu einem morgendlichen Stuhlgang.

In der Zusammenschau zeigen diese Daten, dass gestörte zirkadiane Rhythmen zu Störungen wie der Obstipation beitragen können. Maßnahmen zur Wiederherstellung der natürlichen Rhythmen (z. B. bestimmte Laxanzien) können die GI-Gesundheit fördern. Es sind jedoch weitere Studien erforderlich, um die positiven Auswirkungen von Laxanzien auf zirkadiane Rhythmen im Darm zu bestätigen.

Literatur

  1. Duboc H, Coffin B, Siproudhis L. Disruption of circadian rhythms and gut motility: an overview of underlying mechanisms and associated pathologies. J Clin Gastroenterol 2020;54:405–14.
  2. Voigt RM, Forsyth CB, Keshavarzian A. Circadian rhythms: a regulator of gastrointestinal health and dysfunction. Expert Rev Gastroenterol Hepatol 2019;13:411–24.
  3. Mearin F, Zárate N, Sardi JA, Moreno-Osset E, Salis G. Traveler’s constipation. Am J Gastroenterol 2003;98:507–9.

Interessenkonflikte: R. Lange und S. Landes sind Angestellte von Sanofi Consumer Healthcare.

Offenlegung: Medical Writing und Publikation finanziert von Sanofi-Aventis Deutschland GmbH.

Affiliation/Korrespondenz: Dr Robert Lange, Consumer Healthcare, Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt, Deutschland und Dr. Sabine Landes, Consumer Healthcare, Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Industriepark Höchst, 65926 Frankfurt am Main, Deutschland
Eingereicht am: 28.01.2022Akzeptiert am: 12.08.2022Veröffentlicht am: 12.09.2022
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