Es gibt aktuelle Belege dafür, dass neben Antibiotika auch Protonenpumpenhemmer (PPI) eine Dysbiose hervorrufen können [1–3]. Wirksamkeit und Sicherheit eines Probiotikums mit den Stämmen Bacillus clausii O/C, N/R, SIN und T (EG) sind seit Jahrzehnten belegt. Es wird bei der Behandlung von Infektionen mit Helicobacter pylori zur Vorbeugung von Verdauungssymptomen, die ursprünglich den Antibiotika zugeschrieben wurden, als wirksames Zusatzpräparat zur Dreifachtherapie (zwei Antibiotika und ein PPI) eingesetzt [4, 5]. Jetzt ist auch die Rolle von B. clausii für den Erhalt und die Regeneration der Darmflora bei PPI-Anwendung belegt [6].
Modell Triple-Mucosal-Simulator of the Human Intestinal Microbial Ecosystem® (Triple-M-SHIME)
Duysburgh et al. (2023) haben in vitro ein Triple-M-SHIME-Modell über 9 Wochen angelegt. Hierfür wurden Stuhlproben von einem Spender mit einem hohen Gehalt an Butyrat-produzierenden Spezies verwendet (Abb. 1). Es diente der Reproduktion der verschiedenen Regionen des Magen-Darm-Trakts eines speziellen Spenders (Ileum, proximales und distales Colon) sowie ihrer entsprechenden Darmflora [7]. In den drei Studienarmen wurden folgende Veränderungen des Mikrobiom-Ökosystems und der Stoffwechselaktivitäten untersucht: Kontrolle (nur PPI), präventiv (PPI + Enterogermina® [EG], zusammen verabreicht) und kurativ (PPI + EG, nacheinander verabreicht). Ferner wurden die Outcomes im Zusammenhang mit einer PPI-induzierten Dysbiose sowie die Post-hoc-Hypothesen zum Wirkmechanismus von B. clausii untersucht.
Abb. 1. Design des Triple-M-SHIME-Modells (angepasst aus Duysburgh et al. 2023 [7])
Das Modell wurde so optimiert, dass der gesamte GI-Trakt, einschließlich der Verweilzeiten und des pH-Werts, simuliert wurde, und umfasste einen gemeinsamen Reaktor für Magen und Dünndarm. Die Ileum-Region wurde mit der Ileum-Zusammensetzung beimpft, die Regionen des proximalen und distalen Colons mit der vom Spender stammenden Stuhlzusammensetzung. Zur Simulation des Schleimhautmilieus wurden zu den Ileum- und Colonmilieus Mucin-umhüllte Agarkugeln hinzugefügt. In jeder Phase wurden aus jedem Reaktor Proben des Lumen- und Schleimhautmilieus entnommen.
Std.: Stunde; PPI: Protonenpumpenhemmer; Triple-M-SHIME: Triple-Mucosal-Simulator of the Human Intestinal Microbial Ecosystem
Mikrobiom-Zusammensetzung und damit verbundene Änderungen
Der Gehalt an B. clausii war in der Behandlungsphase in den Lumen- und Schleimhautproben des Kontroll- und Präventionsarms signifikant erhöht. Umgekehrt verhielt es sich in der Auswaschphase der mit EG behandelten Arme (p < 0,001 für alle Vergleiche). Dies spricht dafür, dass diese Stämme von B. clausii im Lumen- und Schleimhautmilieu überleben und sich vermehren. In der Behandlungsphase wurde für den Kontrollarm (jeweils p < 0,001) und den Präventionsarm (jeweils p < 0,05) und in der Auswaschphase für den kurativen Arm (jeweils p < 0,001; Abb. 2) eine höhere Diversität des Mikrobioms in diesen beiden Milieus angegeben.
Abb. 2. Stoffwechselaktivität und Mikrobiom-Zusammensetzung im Ileum und proximalen und distalen Colon nach Behandlung mit Omeprazol und Enterogermina®.
*Die Veränderung in der Mikrobiom-Zusammensetzung war im Vergleich zur Kontrolle und zwischen den experimentellen Behandlungsarmen während der Behandlungs- und Auswaschphase statistisch signifikant (p < 0,05).
#Der Propionat-Gehalt wurde durch die Supplementation mit Enterogermina® nicht beeinflusst.
SCFA: kurzkettige Fettsäuren
B. clausii konnte die Bakterienzahl der körpereigenen Bakterien des distalen Colons wie Gemmiger formicilis und Akkermansia muciniphila sowohl im kurativen als auch im präventiven Arm und von Prevotella denticola des proximalen Colons im präventiven Arm aufrechterhalten, die ansonsten durch den PPI abgenommen hätte.
Ein signifikanter Anstieg des Butyrat-Gehalts in verschiedenen Phasen der entsprechenden Studienarme lässt darauf schließen, dass EG in folgenden Situationen einen Anstieg dieser kurzkettigen Fettsäure bewirkt:
- Behandlungsphasen der präventiven und kurativen Arme (jeweils p < 0,004)
- Proximales und distales Colon des präventiven (Behandlungsphase) und kurativen Arms (Auswaschphase) im Vergleich zur Behandlungsphase der entsprechenden PPI-Kontrollarme (jeweils p < 0,001)
Butyrat beeinflusst als Primärenergiequelle der Darmzellen die Motilität, endokrinen Funktionen, Permeabilität und Immunreaktionen des Darms [8]. Daher spricht ein erhöhter Butyrat-Gehalt nach Probiotikum-Anwendung für einen positiven Effekt hinsichtlich der Gesunderhaltung des Darms insgesamt [8].
Weitere interessante Ergebnisse dieser Studie sind die Rolle vonB. clausii bei der Reduktion der PPI-induzierten Dysbiose durch Steigerung der Diversität der Darmflora, die Bekämpfung der PPI-induzierten Wirkungen im Bereich der Darmflora(insbesondere Coriobacteriaceae, Selenomonadaceae, Akkermansiaceae, G. formicilis, A. muciniphila, S. bovis und P. denticola) und die Erhöhung des Butyrat-Gehalts und seiner Produzenten durch Umwandlung von Acetat in Butyrat.
In-vitro-Modelle ermöglichen auf praktische und nicht-invasive Weise eine Untersuchung von Mechanismen. Die Autoren sind sich jedoch der methodischen Einschränkungen wie die Ausschaltung von Störfaktoren, Übertragbarkeit der Ergebnisse in vivo, in die klinische Praxis und auf den Menschen bewusst. Dennoch kann die Studie die Grundlage für eine Validierung der Ergebnisse im Rahmen von zukünftigen Studien mit einem robusteren Studiendesign bilden.
Zusammenfassung
Das innovative Triple-M-SHIME-Modell simuliert die PPI-induzierte Dysbiose und gibt Einblicke in die möglichen Mechanismen zur Verbesserung der Gesundheit des Verdauungstrakts durch Stabilisierung der Darmflora und Erhöhung der Butyrat-Produktion.
Literatur
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- Duysburgh C, Verstrepen L, et al. Investigation of Enterogermina’s protective and restorative mechanisms on the gut microbiota with PPI, using SHIME Technology. Nutrients 2023;15(3):653. doi: 10.3390/nu15030653.
- Martin-Gallausiaux C, Marinelli L, et al. SCFA: Mechanisms and functional importance in the gut. Proc Nutr Soc. 2021;80(1):37–49. doi:10.1017/S0029665120006916
Danksagungen: Die Autoren danken Paula Fontanilla, PhD, für die kritische Prüfung des wissenschaftlichen Inhalts dieses Manuskripts und Ashwitha A., Mitarbeiterin von Sanofi, für die Unterstützung bei der Abfassung und den redaktionellen Beitrag.
Interessenkonflikte: Z. Righetto, D. Marquez und M. Perez III sind Angestellte von Sanofi.
Offenlegung: Publikation finanziert von Sanofi.