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Land:Deutschland
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Evidenz für die Behandlung von akuten Gelenkschmerzen mit topischen Diclofenac-Gelen


EFSM: 2021;1:210314DOI: 10.52778/efsm.21.0314Veröffentlicht am: 22.09.2021
Daniela Deutsch

Eine Ex-vivo-Studie an menschlichen Hautproben zeigte sowohl das Eindringen von topischem Diclofenac in die Haut als auch die Bildung eines Wirkstoffdepots in der Epidermis. Einen Beleg für das Erreichen des Wirkorts lieferte eine doppelblinde Phase-I-Studie, in der Diclofenac nach wiederholter topischer Applikation im Gelenkspalt nachgewiesen wurde – unabhängig vom BMI der Patienten.

Sowohl nationale als auch internationale Leitlinien raten bei akuten Gelenkschmerzen zunächst zu topischen nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), wie Diclofenac-Gel, bevor mit der oralen Einnahme begonnen wird [1–4]. Die topische Anwendung hat einige Vorteile: Die Applikation erfolgt direkt am Ort des Schmerzes, ein First-Pass-Effekt wird vermieden und in Kombination mit oralen NSAR ist gegebenenfalls eine Dosisreduktion möglich. Ältere Patienten profitieren besonders, denn sie sind häufiger von akuten Gelenkschmerzen betroffen und mit der reduzierten systemischen Verfügbarkeit ist eine geringere Wahrscheinlichkeit für das Auftreten unerwünschter Arzneimittelwirkungen oder Wechselwirkungen verbunden. In einer Präferenzstudie entschieden sich fast dreimal so viele Patienten mit Osteoarthrose für eine topische statt einer oralen Behandlung mit NSAR [5, 6].

Voraussetzung für eine effektive topische Therapie ist, dass der Wirkstoff in ausreichender Menge den Wirkort erreicht. In zwei kürzlich veröffentlichten Untersuchungen befasst sich GlaxoSmithKline in Zusammenarbeit mit renommierten Wissenschaftlern mit den Fragen, wie die Hautpenetration von Diclofenac erfolgt und ob eine relevante Wirkstoffkonzentration in und um das betroffene Gelenk erreicht wird.

Topisch angewendetes Diclofenac bildet ein Wirkstoffdepot in der Haut

Eine Ex-vivo-Studie untersuchte die Verteilung von Diclofenac in der Haut und machte die Lokalisation eines Wirkstoffdepots mittels Raman-Spektroskopie von transversalen Mikrotom-Schnitten sichtbar [7]. Die Autoren bauen mit ihrer Arbeit auf veröffentlichten Untersuchungen auf, nach denen die Bildung eines Reservoirs in der Haut bereits belegt wurde, seine genaue Lokalisation aber unklar blieb. 

Getestet wurden folgende drei kommerzielle Produkte an Hautproben von acht Patienten: 

  • A: Voltaren® (US-Formulierung mit Diclofenac-Natrium 1%),
  • B: Voltaren® Schmerzgel (Diclofenac-Diethylamin 1,16%),
  • C: Voltaren® Schmerzgel forte (Diclofenac-Diethylamin 2,32% mit Permeationsverstärker Oleylalkohol).

Auf die Oberfläche der volldicken, abdominalen, menschlichen Hautproben von sechs weiblichen und zwei männlichen Spendern wurden die oben genannten Produkte gemäß ihren maximal empfohlenen Tagesdosen aufgetragen.

Eine heterogene räumliche Verteilung von Diclofenac war sowohl in der Epidermis als auch in der Dermis in allen Proben deutlich sichtbar, mit einem deutlich höheren Anteil an Diclofenac in der Epidermis im Vergleich zur Dermis. Um eine falsch positive Identifizierung zu vermeiden, wurden Nachweisgrenzwerte festgelegt, die dafür sorgten, dass in den Raman-Bildern nur Diclofenac-spezifische Signale über der statistischen Signifikanzgrenze zugeordnet wurden.

Abbildung 1 veranschaulicht den Aufbau der Haut und die Bildung eines Diclofenac-Depots in der Epidermis, wie sie in den Raman-Aufnahmen der Hautproben unter Abbildung 2 erkennbar ist.

Die Raman-Bilder veranschaulichen, dass die untersuchten topischen Diclofenac-Gele durch die Hautbarriere des Stratum corneum drangen und ein in der Epidermis lokalisiertes Wirkstoffdepot bildeten. Der quantitative Vergleich der Größe des Reservoirs zwischen den drei Formulierungen war unter anderem aufgrund der geringen Anzahl an Hautproben nicht Gegenstand der Untersuchung.

Topisches Diclofenac ist 12 Stunden nach Applikation am Zielort nachweisbar

Die therapeutische Wirksamkeit von topischem Diclofenac-Gel steht nicht nur im Zusammenhang mit seiner Fähigkeit zur Hautpenetration, sondern auch mit dem Erreichen pharmakodynamisch aktiver Konzentrationen am zugrunde liegenden Ort von Schmerz und Entzündung.

Das primäre Ziel der doppelblinden, multizentrischen Phase-I-Studie war festzustellen, ob Diclofenac nach wiederholter topischer Anwendung in das behandelte Kniegelenk eindringt [8]. Eine Post-hoc-Analyse am primären Endpunkt wurde durchgeführt, um festzustellen, ob die Penetration von Diclofenac durch den Body-Mass-Index (BMI) beeinflusst wurde. Sekundäres Ziel war der Vergleich der relativen Konzentration von Diclofenac zwischen Kniegelenk und Plasma.

29 Patienten erhielten 4 g Diclofenac-Diethylamin 2,32% w/w Gel (= 74,4 mg Diclofenac/Anwendung), 16 Patienten bekamen Placebo. Verum und Placebo-Gel wurden alle 12 Stunden über etwa 7 Tage (Durchschnittswert über alle Teilnehmer 7,27 Tage) von einer geschulten Fachkraft angewendet. Die Enddosis wurde 12 bis 15 Stunden vor einer geplanten Knieoperation verabreicht.

Obwohl es eine gewisse Variabilität zwischen den gemessenen Konzentrationen in Synovialgewebe (Mittelwert [MW] 1,57 ng/g, 95 %-Konfidenzintervall [CI] 1,12, 2,20) und -flüssigkeit [MW 2,27 ng/ml, 95% CI 1,87, 2,76) gab, drang Diclofenac bei allen Teilnehmern – auch bei übergewichtigen oder fettleibigen Personen – in das betroffene Gelenk ein und war dort 12 Stunden nach der letzten Anwendung messbar. 

Das Verhältnis der Diclofenac-Konzentration von Synovialgewebe zu Plasma betrug 0,32 (95% CI 0,23, 0,45) und von Synovialflüssigkeit zu Plasma 0,46 (95% CI 0,40, 0,54), was auf höhere Diclofenac-Konzentrationen im Plasma als im Gelenk hinweist. Dies unterscheidet sich von früheren Studien, bei denen in der Regel höhere Konzentrationen im Gelenk gemessen wurden. Die Autoren spekulieren, ob Diclofenac-Diethylamin 2,32% w/w Gel eine schnell wirksame topische Formulierung sein könnte. Die maximale Wirkstoff-Konzentration in Synovialgewebe und -flüssigkeit wäre demnach bald nach der Applikation am höchsten, ließe dann nach und wäre 12 Stunden nach der letzten Anwendung immer noch nachweisbar.

Die Rate an unerwünschten Ereignissen war bei Diclofenac (55,2%) und Placebo (58,8%) ähnlich. Sie standen nach Ansicht der Studienärzte nicht mit der Behandlung in Verbindung.

Die Studie wurde zur Bewertung der Pharmakokinetik entwickelt und enthielt keine Wirksamkeitsergebnisse. Die Untersuchung des direkten Zusammenhangs zwischen Diclofenac-Konzentrationen im Gelenk und der therapeutischen Wirksamkeit bleibt weiteren klinischen Studien vorbehalten.

Zusammenfassung

Die Autoren der Ex-vivo-Studie fassen zusammen, dass topisch angewendetes Diclofenac die Hautbarriere des Stratum corneums durchdringt und ein Wirkstoffreservoir in der Epidermis bildet. Von dort wird der Wirkstoff langanhaltend in die darunter liegenden Gewebe freigesetzt. 

Lokale Konzentrationen von NSAR im Gelenk werden als wichtig für ihre therapeutische Wirkung bei der Behandlung von akuten Gelenkschmerzen angesehen, da Entzündungen im Gelenk ein wichtiger Bestandteil der Pathogenese sind. Die Pharmakokinetik-Studie zur Penetration von Diclofenac an den Wirkort zeigte, dass Diclofenac-Diethylamin 2,32% w/w Gel nach zweimal täglicher Anwendung über 7 Tage in das Zielgewebe eindringt. Diclofenac wurde bei allen Probanden 12–15 h nach der letzten Anwendung im Synovialgewebe und in der Synovialflüssigkeit nachgewiesen, was das aktuell bestehende Dosierungsschema mit einer zweimal täglichen Applikation bestätigt. Der Wirkstoff drang unabhängig vom BMI ins Gelenk, daher können auch übergewichtige Patienten von der topischen Anwendung eines Schmerzgels profitieren. Nach Bewertung der Studienärzte sind im Zusammenhang mit der Medikation keine unerwünschten Arzneimittelwirkungen aufgetreten. Insbesondere Senioren profitieren von der reduzierten systemischen Verfügbarkeit und der damit verbundenen geringen Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Wechselwirkungen oder unerwünschten Arzneimittelwirkungen.

Literatur

  1. Bruyere O, et al. A consensus statement on the European Society for Clinical and Economic Aspects of Osteoporosis and Osteoarthritis (ESCEO) algorithm for the management of knee osteoarthritis-from evidence-based medicine to the real-life setting. Semin Arthritis Rheum 2016;45:P3–P11.
  2. Kloppenburg M, et al. 2018 update of the EULAR recommendations for the management of hand osteoarthritis. Ann Rheum Dis 2019;78:16–24.
  3. Bannuru RR, et al. OARSI guidelines for the non-surgical management of knee, hip, and polyarticular osteoarthritis. Osteoarthritis Cartilage 2019;27:1578–1589.
  4. Rillo O, et al. PANLAR consensus recommendations for the management in osteoarthritis of hand, hip, and knee. J Clin Rheumatol 2016;22:345–354.
  5. Underwood M, et al. Advice to use topical or oral ibuprofen for chronic knee pain in older people: randomised controlled trial and patient preference study. BMJ 2008;336:138–142.
  6. Carnes D, et al. Influences on older people’s decision making regarding choice of topical or oral NSAIDs for knee pain: qualitative study. BMJ 2008;336:142.
  7. Zhang Q, et al. Visualization of Epidermal Reservoir Formation from Topical Diclofenac Gels by Raman Spectroscopy. J Pain Res. 020;13:1621–1627. doi: 10.2147/JPR.S253069.
  8. Seefried L, et al. Penetration of topical diclofenac into synovial tissue and fluid of osteoarthritic knees: a multicenter, randomized, placebo-controlled, pharmacokinetic study. Ther Adv Musculoskelet Dis. 2020 Aug 29;12:1759720X20943088. doi: 10.1177/1759720X20943088.

Interessenkonflikt: D. Deutsch ist eine Angestellte von GSK Consumer Healthcare.

Offenlegung: Medical Writing und Publikation finanziert von GSK Consumer Healthcare.

Affiliation/Korrespondenz: Daniela Deutsch, GSK Consumer Healthcare GmbH & Co. KG, Barthstrasse 4, 80339 München
Eingereicht am: 13.07.2021Akzeptiert am: 17.08.2021Veröffentlicht am: 22.09.2021
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